Unser Autor brauchte Geld. Verzweifelt suchte er nach Jobs: »Arbeit ab sofort«, »doppeltes Gehalt«, »überhaupt kein Risiko« las er in den Stellenanzeigen. Nur stand dort nicht, was er dafür tun muss. Er hat sich mal beworben. Ein Selbstversuch für Der Wedding.
Es scheint so einfach zu sein. “Schnell und einfach Geld verdienen” steht in den Kleinanzeigen bei Ebay überall. “Bis zu €500 am Tag.” Es ist Montag, und ich melde mich überall – bei allen Anzeigen wo viel versprochen wird, und man nicht genau weiß worum’s geht. Unter einer Nummer meldet sich Uwe. “Ja, die Anzeige ist noch aktuell,” sagt er. Es geht wohl um Geld sammeln für einen guten Zweck. Das klingt erstmal gut. Noch am gleichen Abend bin ich mit Uwe verabredet am Potsdamer Platz, im “Mom’s Favourite” Restaurant. “Die kennen mich da,” sagt Uwe am Telefon. “Sag einfach irgendeiner von der Bedienung, dass du Uwe suchst.”
Ich komme an, aber es ist niemand da, der Uwe sein könnte.
“Ich suche Uwe, von der Kinderhilfe.”
“Der mit den weißen Hemd?” antwortet ein Kellner. Er ist genervt, und das Wort “Kinderhilfe” hat ihn noch genervter gemacht.
“Ja,” rate ich.
“War gerade da. Bin froh, dass der weg ist.”
“Wann ist er immer da?”
“Keine Ahnung, ich guck auch nicht immer auf die Uhr.” Er sieht mich an. Es spricht wohl nicht für mich, dass ich zu Uwe gehöre.
Uwe ist da. “Sorry, musste kurz was erledigen,” sagte er. Uwe muß immer was erledigen. Er hat so ein Paar “Problemfälle,” sagt er ab und zu. Jetzt wo wir sitzen, und ich nicht mehr doof rumstehe, ist der Kellner nett. “Hi Karsten!” sagt Uwe, klatscht ihn an die Schulter. Der Kellner klatscht ihn zurück, und ruft “Tschüss!”
“Der ein oder anderer Kellner hasst mich, weil sie durch mich weniger Trinkgeld kriegen,” sagt Uwe. “Wir können du sagen oder? Ich bin der Uwe.” Alles andere geht auch schnell. Wir gehen gleich los, und ich gucke schonmal zu, wie er Geld sammelt.
Am nächsten Abend bin ich Sammler für Kinder mit meiner eignen Dose. Unser Revier ist alle Touristenecken in Berlin.
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Dienstag. Hinter einer anderen Anzeige verbirgt sicht eine “Zellenregenerationssaft”. Die Webseite ist fantastisch. Die Saft ist basiert auf dem Molekül Nitric Oxide (Stickstoffoxid), die von gleich drei Nobelpreisträger entdeckt wurde. “Es gibt den Muskeln direkt das Signal zum wachsen,” aber das ist noch lange nicht alles: “Tatsächlich ist es aber eine im Körper produziertes Molekül mit unzähligen Wirkungen auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit.” Man nimmt es dreimal am Tag – das “Health Triangle” – tropft es mit einer Pipette in den Mund rein und dann werden die Zellen regeneriert. Das ist aber erstmal nicht das Problem – wie regeneriere ich mein Bankkonto?
Ich melde mich. Gabi in Österreich antwortet. Sie strahlt Energie und Fröhlichkeit. Ihr Skype Motto lautet: “Einkommen sind wie Stöckelschuhe!!! Je höher um so Besser!!”So ist so heiter, dass ich denke, sie kriegt bestimmt gleich einen Herzinfarkt. Tatsächlich bekommt sie nach wenigen Minuten einen Hustanfall.”Sie haben Glück!” sagt sie, nachdem sie sich wiedergelegt hat. “Wir befinden uns gerade in der Pre-Launch Phase. Können Sie sich vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn Sie ganz am Anfang bei McDonalds oder Apple dabeigewesen wären?”
“Das wäre schon toll gewesen,” sag ich.
Man könnte natürlich einfach Kunde werden, und jeden Monat soviel Saft kaufen wie man will, erklärt Gabi. Aber wäre es nicht noch viel besser, wenn man dabei Geld verdienen würde? “Sie sind selbst Kunde, und Sie werben dabei weitere Kunden.” Man kann soviel oder so wenig arbeiten wie man will. Man ist selbstständig, man ist sein eigener Chef.
Aber erstmal die Formalitäten. Man braucht ein “Business Lizenz” (einmalig €30) und dann verschiedene “Starter Pakete” – zwischen €300 und €849 (inklusiv Produkt). “Dann können dann ein eigenes Netzwerk bauen. Das nennen wir Network Marketing.” Network Marketing. Das ist das Beste, was es gibt. Da braucht man keine Werbung und keine teuere Läden zum Vertrieb. Und, je mehr Leute man wirbt, desto mehr Geld bekommt man. Im Internet kursiert ein Bild von Bill Gates, mit einem Zitat: “If I would be given a chance to start all over again, I would choose NETWORK MARKETING,” sagt er. Anscheinend wäre dann für Microsoft mehr drin gewesen. Schade, Bill.
Gabi ist ganz aufgeregt. Ich soll bei einem “Webinar” mitmachen. Das ist ein Seminar im Internet über Webcam. Ich frag Gabi, ob sie auch die Saft trinkt. Eigentlich wollte sie früher nur damit Geld verdienen, sagt sie. “Also, ich hatte nie was am Hut mit Ernährungsmittel oder sonst so’n Zeug,” sagt sie. “Ich hab mein Geschäftspartner immer gesagt, ‘jetzt lass mich bloß in Ruhe mit dieser Saft!’ ” Sie lacht. “Ich hab’s mir im Keller gestellt. Aber dann hab ich doch probiert, wegen meinem Rheuma. Und seitdem nehme ich keine Medikamente mehr.”
Es schmeckt wohl ein bisschen wie Heidelbeeren.
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Dienstag Abend. Uwe ist nicht obdachlos, aber er hat mal auf der Strasse gelebt. Ich weiß nicht, ob es damit was zu tun hat, aber er hat ganz andere Instinkte als ich. Wir machen eine Runde durch die Touristen Restaurants am Potsdamer Platz. Er bewegt sich schnell und aufgeregt, ständig aufmerksam. Und er trinkt manchmal “ein Bierchen” zwischendurch. Beim sammeln sieht er immer wo die Kellnerinnen sind, und kann präzise seinen dünnen Körper aus dem Weg wenden, damit sie reibungslos vorbeikommen können. Mein Bauch, andereseits, wird mir zum Problem. “Mach mal Platz da für die Kellnerin,” sagt Uwe. “Du musst dabei Augen überall haben. Schön schlank machen.”
“Schönen guten Tag, ich komme von der Kinderhilfe,” sagt er immer, sein Ausweiß hat er um den Hals an einem Band, wie so eine Hundeleine dass sich automatisch wieder zusammen rollt. Er zieht es runter und lässt es los. Schnapp! “Da bekommen die Kinder eine warme Mahlzeit, Musikunterricht, und Kochen können sie da auch lernen. Und dafür darf ich hier seit neun Jahren sammeln.” Er zeigt die Bilder auf der Dose, wo Kinder am Klavier sitzen oder am Malen. “Kann man alles nachlesen bei dieser Webseite. Heute bin ich mal mit Praktikant unterwegs.” Uwe zeigt auf mich. Ein “Kunde,” wie Uwe sie bezeichnet, guckt mich mitleidig an. “Praktikant?” fragt er. “Ja, ich musste auch irgenwann anfangen,” sagt Uwe. Ich fühle mich ziemlich bescheuert.
Meistens wird man wortlos abgewunken, aber ungefähr jeder Vierte schmeißt ein Paar Münzen in die Dose. Ab und zu auch ein Fünfer. Uwe weiß auch wo er regelmäßig einen Fünfer abholen kann. Er sieht ein paar Sicherheitsmänner mit Knöpfchen im Ohr neben einem schwarzen Auto vor einem Restaurant. “Geh mal darüber, frag die mal.” Ich geh rüber, und wiederhole das mit den Musik und Kochunterricht. Die Männer winken mich ab. “Nichts?” sagt Uwe. “Komisch.” Zwei Minuten später kommt er selber zurück. “Weißt du wer in dem schwarzen Auto war?” sagt Uwe, ganz cool. “Verteidigungsminister. Hab den Fünfer in der Dose.”
Später sind wir in einer Geldwechselbude in der Friedrichstraße, wo wir ein paar schwedische Kronen, die jemand in der Dose geschmissen hat, umtauschen wollen. Ein Topf Pfefferminz Bonbons steht an der kleinen Theke, wo man die Formulare ausfüllt. Er räumt sie leer mit einer Hand, schaufelt die meisten in seiner eignen Hosentasche, und drückt mir zwei in die Hand.
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Mittwoch. Ich melde mich bei einer dritten anonymen Werbung. Drei Stunden später sitze ich mit einem sehr selbstbewussten Mann in einem Cafe am Kudamm. Er hat eine exzellente Muskulatur, die nicht von einem engen, Kanarienvogelgelben T-shirt versteckt wird. Tatöwierungen gucken von beiden Ärmeln hervor. Er heißt Thorsten, und ist hauptberuflich Personal Trainer. Nebenbei ist er aber Versicherungsvertreter.
“Ich baue gerade mein eigenes Team auf,” sagt er. “Das ist seriöse Arbeit. Keine Gehirnwäsche. Manche sagen, ‘ist das nicht ein Schneeballsystem?’ Da sag ich nur, ‘Wir haben ja Sommer!’ ” Er zeigt um sich herum. Es ist tatsächlich sehr heiß heute. “Das Gute an der Arbeit ist, dass es fair ist. Wer nichts macht, verdient auch nichts.”
Ein Schneeballsystem ist wenn man nur dadurch Geld verdient, wenn man andere Leute anwirbt. Man wird bezahlt, von den Leuten unter einem – dein “Team” – die dann selber Leute anwerben müssen. Es ist wie ein Pyramidensystem, und ist auch illegal. Hier geht es aber auch um Versicherungsvertretung, und das ist natürlich nicht illegal.
Thorsten erwähnt, über welche Firma es sich handelt. “Sagt Ihnen das was? Das sag ich erstmal gleich, weil es manche Leute abschreckt.” Ich erinnere mich. Das war die Firma, dessen Mitarbeiter die “Lustreisen” gemacht hat nach Budapest. Die Prostituierten mussten Armbande mit verschiedenen Farben tragen, weil sie für Mitarbeiter mit verschiedenen Dienstgrade bestimmt waren. Nein, das schreckt mich nicht ab, sag ich.
Thorsten lädt mich zu einem Interview ein. Ich soll einen Anzug und saubere Fingernägel haben.
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Ich gehe mit Uwe über einer Kreuzung in Mitte. Wir wollen die ganzen Cafes auf Unter den Linden mal ablaufen. Eine Auto hält vor uns, um uns vorbeizulassen, aber die Haube steht noch vor Uwe.
“Ja, fahr doch! Fahr doch, du Pisser!” schreit Uwe plötzlich, ohne Grund.
Der Mann im Auto schimpft zurück.
“Ja warum fährst du nicht, du Fotze!” brüllt Uwe.
“Was hast du gesagt, du Pisser?” fragt der Mann im Auto.
“Du Fotze, du!” Uwe und ich gehen um das Auto rum.
Der Fahrer ist sehr böse. Er steigt aus, und ein Moment lang wird es ernst, aber Uwe läuft einfach weiter. Ich dreh mich nochmal um – der Mann, dick und mit Sonnenbrille und ein Auto voller Frau und Kinder – steigt wieder ein. Uwe guckt mich an und lächelt. “Ja, manchmal muß man es eben mal rauslassen,” sagt er. “Damit man die Kunden nicht ärgern muß.”
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Donnerstag. Heute hat Uwe mich mal alleine losgeschickt. Die Kinder, sollte man vielleicht erwähnen, kriegen nicht alles. Die Hälfte von dem, was gesammelt wird geht an die Sammler. Das mag vielleicht ein bisschen viel sein, aber Uwe will keine die ehrenamtlich sammeln. “Ich brauch Leute die verdienen wollen. Verdienen müssen,” sagt er. Solche Leute sammeln eben auch mehr Geld.
Ich hasse diese Arbeit. Obwohl die Touristen es nicht wissen, ist man im Grunde ein Bettler. In ein Paar Cafes hat Uwe einen ziemlich schlechten Ruf. “Kommst du von diesem dünnen Typ mit diesem Weissen Hemd?” sagt mir eine Kellnerin am Gendarmenmarkt. “Der kommt hier nie wieder sammeln. Hat sich mit den Strassenmusiker hier geprügelt. Also für kleine Kinder sammeln und dann alte Männer auf den Kopp hauen. Ich weiß nicht was das soll.”
Aber ich verstehe warum Uwe manchmal aggressiv wird. Obwohl die meisten Leute wenigstens höflich genug sind, “nein” zu sagen, manchmal wird man einfach komplett ignoriert. Man spricht Leute an, redet über diesen blöden Kochunterricht und alles, und die gucken einfach geduldig an dich vorbei, bis du weggehst. Es ist wie ein Theaterspiel für Kinder, wo ein Achtjähriger so tun muß als ob jemand unsichtbar ist, und dann ganz demonstrativ in einer anderen Richtung guckt. Es ist erschreckend und erniedrigend und auf dauer erschöpfend für die Nerven.
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Donnerstag Abend. Es ist Zeit für mein Kraftsaft Webinar. Gabi hat mir den Link zugeschickt. Jochen, ein älterer Herr tropft gerade die Pipette in seinem Mund als das Bild erscheint.
“Herzliche Grüße und schönen guten Tag,” sagt er. “Ah! Viele Grüße nach Spanien!” Ich bin auf einmal ein bisschen skeptisch, dass es wirklich jemand in Spanien gibt, der zuguckt. Aber vielleicht bin ich zu zynisch.
“Was tun Sie lieber? Freunde aufbauen, oder Leuten was verkaufen?” fängt Jochen an. Er hat eine ununterbrochene, erschöpfende Energie. Sein Vortrag geht eine Stunde lang. Diese Saft muß echt gut sein. Aber heute geht es um Geld verdienen. Es gibt verschiedene Stufen die man erreichen kann beim Geldmachen, die alle nach englische Edelsteine genannt sind. Es fängt mit Jade an, und geht dann über Sapphire, Emerald, Blue Diamond, Purple Diamond, Red Diamond, Double Red Diamond, bis hin zu Double Black Diamond. Die Double Black Diamonds verdienen so $1 million a year. Man muß nur Leute anwerben, um dann um sich herum sein “Team” aufzubauen. “Das ist kein Schneeballsystem,” versichert Jochen. “Wer das denkt, ist ein Laie!”
Es wäre natürlich gut, wenn man den Tablet Computer dazu kauft. Auf dem Tablet sind alle Apps wo diese Saft vorgestellt wird, in verschiedenen Sprachen, natürlich ein wunderbares Werkzeug, wenn man überall auf der Welt sein Netzwerk aufbauen will. Der Tablet kostet €350. Ich frage dazwischen, ob man einfach die Apps runterladen kann, wenn man ein Tablet schon besitzt. Die Frage wird nicht beantwortet, ausser dass daraufhingewiesen wird, dass dieses Tablet absolut spitzenqualität ist.
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Freitag. Ich bin pünktlich da für mein Interview bei der Versicherungsvertretung – hab meinen Anzug an und meine Fingernägel sauber gemacht. Der Thorsten ist nicht da, aber dafür der Sven, Thorstens Team Leader. Er hat früher in der Gastronomie gearbeitet – “Es war okay mit Anfang oder Mitte Zwanzig,” sagt er. “Da hat man nicht soviel Geld gebraucht” – aber jetzt hat er sein eigenes Team und sitzt in einem Büro und verdient viel mehr Geld. Hinter ihm auf dem Regal stehen Trophäen die er als Mitarbeiter gewonnen hat. “Pro – irgendwas,” und dann den Namen der Firma.
Sven ist sehr freundlich. Wir duzen uns gleich, und er fängt an, mir fragen zu stellen. “Wieviel Lohn würdest du für sechs Stunden Arbeit wollen?”
“Erm, €60?”
Er sagt, “Wie wär’s mit €250?”
Er fängt an zu malen. Ein Kreis in der Mitte, das bin ich. Ich bekomme, so meint er, €250 pro erfolgreiches Gespräch mit einem Kunden. Da bei dieser Firma im Schnitt jedes zweite Kundengespräch zum Erfolg wird, und wenn man mit Fahrtzeiten drei Stunden berechnet, kann man also mit €250 für sechs Stunden Arbeit rechnen. Übrigens, sagt Sven, sein Durchschnitt ist so 1,5 Kundengespräche pro Erfolg. “Ich werd schon böse, wenn jemand nicht Kunde wird,” lacht er.
Aber, wie immer, das richtige Geld kommt wenn man Team Leader wird. Dann bekommt man von der Firma noch €210 pro erfolgreiches Gespräch von einem aus deinem Team.
“Aber welche Eigenschaften muß ein Team Leader haben?” fragt mich Sven.
“Selbstbewusstsein, Menschkenntnisse, Mut, sich durchzusetzen?” schlage ich vor. Sven schreibt mit.
“Gut. Sehr gut,” sagt Sven. “Ich hab noch eins, und ich glaub das ist vielleicht eines der Wichtigsten: Entscheidungen treffen können.”
Ich finde das ist ziemlich ähnlich wie die, die ich gesagt habe, aber ich sag nichts.
“Hast du in deinem Leben Erfahrungen mit schwierigen Entscheidungen treffen? Entweder privat oder beruflich.”
“Ja, ich denk schon,” sag ich. Ich erwähne meine Entscheidung, nach Berlin zuziehen.
“Sehr gut. Ja genau.” Das Interview läuft ja sehr gut. Ich frage also wegen den Lustreisen in Budapest und den Prostituierten mit den Armbände. Sven hat eine Antwort vorbereitet.
“Also, ich würde mir natürlich schon wünschen, dass es nur gute Sachen über uns in den Zeitungen geschrieben wird. Aber ich hab eine Frau, ein Hund – ich hab nie gekokst oder sonst was,” sagt er. “Ein paar jüngere Kollegen haben gefragt, ‘Wie komm ich da rein?’ ” er lächelt. “Aber da konnte ich auch nicht weiterhelfen.”
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Freitag Nachmittag. “War gerade beim Zahnarzt,” sagt Uwe. Ich bringe ihm meine Dose zurück, nachdem ich drei Stunden rumgelaufen bin.
Er öffnet sein Mund. Ich sehe fünf wunde Löcher. “€300 pro Zahn. Die Krankenkasse zahlt glaub ich €100 davon,” sagt er. “Was bleibt dann übrig? Tausend.” Ich hab keine Ahnung, wo er das Geld herkriegen will. Wir laufen um die Ecke und Uwe sieht zwei Polizeibeamten vor seinem Haus. “Komm, ich bring dich noch zur U-Bahn,” sagt er. “Ich glaub nicht, dass sie für mich hier sind. Aber es könnte sein. Das brauch ich heute echt nicht. Nicht heute.”
“Kleine Rechnung, die ich noch zu begleichen habe,” sagt er auf dem Weg zur U-Bahn. “Ich muß nur bis Ende des Monats aushalten, dann hab ich wieder Kohle.” Heute ist der 25. Nicht mehr lange.
Er gibt mir die Hälfte des Geldes aus der Dose. Er weiß nicht, dass ich alles sowieso selber reingetan habe. Ich hab keine Lust mehr, schnell und einfach Geld zu verdienen.