Auf der Zoophil-Party, die ich im letzten Sommer besuchte, war es überraschend peinlich. Ich hatte gedacht, eine solch intime Party wäre geselliger, wenn man so besondere Triebe hat. Aber irgendwie haben sich alle etwas geniert, wie auf einer gewöhnlichen Party. Vielleicht habe ich die Stimmung nicht gerade begünstigt. Ich bin quer durch Deutschland gefahren, von Berlin nach Essen, um dabei zu sein, und einer fragte mich schon: “Warum? In Berlin gibt’s doch auch Szene.” Die Antwort auf diese Frage war, dass ich ein “Fake” war. Ich wollte herausfinden, was Bizarr-Sex-Menschen eigentlich so machen, und wie bizarr sie wirklich sind, und Joachim und Doris waren die einzigen Zoophilen, die mich reingelassen haben.
Text: Ben Knight; Zuarbeit: Martina Kix
Obwohl sich die deutsche Zoophil-Szene über die ganze Bundesrepublik verteilt, ist sie dennoch eine Gemeinde, und normalerweise kommen keine einzelnen, fremden Männer auf ihre Hunde-Parties. Ich bin reingekommen, weil ich gesagt habe, dass ich meine Freundin mitbringe. Die musste dann überraschend absagen. Tja. Also stand ich alleine vor der Tür, und hoffte, dass sie mich als die Hälfte eines Paares akzeptieren und mir glaubten, dass ich die dunkle Seite meiner Sexualität erforschen wollte. Ich wurde eingelassen, aber nicht ohne Misstrauen. Es wurde viel über “Fakes” geredet. Ein Fake ist ein Hunde-Sex-Voyeur, jemand der wie ein Parasit fasziniert ist vom sexuellen Verhalten anderer Menschen. Ich bin ein Fake. Aber zum Glück haben sie es erst nach meinem Abgang gemerkt.
Ich bin früh angekommen, und überraschte Joachim bei seinen Vorbereitungen. Aber er nahm es gelassen. Er zog seine Jeans über seinen Bauch hoch und lud mich ein, mich zu setzen. Joachim hatte einen schwabbeligen Bauch, und trug ein weites Leinenhemd, das auf der Brust offen war. Er hatte zudem einen kleinen Schnurrbart und einen beunruhigenden Blick, was mich ein wenig zu sehr an Hitler erinnerte. Obwohl sich wahrscheinlich keine faschistische Manie hinter diesem Blick verbarg, war es die größte Ähnlichkeit, die ich je gesehen habe. Seine Frau Doris, eine dünne, stumme Eva Braun in falschem Leder und mit gefärbt rotem Haar, saß neben mir an einem IKEA-Tisch. Zwischen den beiden sitzend nippte ich ein wenig an meinem Mineralwasser. Sollte Joachim jetzt schon misstrauisch gewesen sein, dann hat er es nicht gezeigt. Er sprach nun ununterbrochen für die folgenden acht Stunden (meistens über seine Lebensgeschichte, mit nur mild-rassistischen Kommentaren zur Lage der Bundesrepublik). Im Laufe dieser unaufhörlichen Anekdoten-Sammlung wuchs die Party bis zu einem kurzen, unerfüllten Höhepunkt an und versickerte danach in nostalgische Zoo-Sex-Geschichten. Am Ende waren zehn Männer, vier Frauen und zwei Hunde da. Nur eine Frau (Doris) und ein Hund (Billy) hatten versucht, Sex zu haben.
Der rothaarige Harald war der Besitzer der kleinen Wohnung. Eine einräumige Zuflucht, die früher an Studenten vermietet wurde. Aber nachdem die Wohnung einmal in einem furchtbaren Zustand zurückgelassen wurde, haben sich Harald und seine Frau entschieden, sie für Orgien und “Männerüberschuss”-Partys zu reservieren. Das glückliche Paar stattete die Wohnung mit einem Alles-in-einem-Wandschrank, einem breiten, niedrigen Bett und einer hölzernen SM-Bank aus. An der Bank gab es Stangen, an denen man sich fesseln konnte, der Bodenbelag war praktisch abwischbares Linoleum, und der Wandschrank voller sauberer Laken und Handtücher. Harald bezog das Bett dreimal neu während der Party.
Der vergnügte und gutgelaunte Thorsten kam an. Wie Joachim hatte er eine Videokamera, einen Bauch und einen Schnurrbart. Er war ein alter Freund des Paares. Er meinte, seinen Hund Henry habe er nicht mitbringen können, weil der gerade an Lungenkrebs leidet. Doris hing sehr an Henry.
Alle, die auf der Party waren, waren im mittleren Alter und aus dem Arbeiter-Milieu, mit der Ausnahme von Johanna und Thomas, einem Studentenpaar Anfang zwanzig. Johanna und Thomas hatten bereits Partnertausch ausprobiert und wollten nun in dunklere Gewässer eintauchen. Johanna war etwas schüchtern, der bisexuelle Thomas mit den Lederjeans blass, aber sehr höflich. Sie hatten eine Flasche Rotwein mitgebracht. Johanna machte bescheiden klar, dass sie heute keine Hunde ficken würde, aber dass sie sich vielleicht von Billy lecken lassen würde. Sie meinte auch, dass man keine Fotos machen dürfe, auf denen ihr Gesicht zu sehen ist. Später, als der riesige, hyperaktive Schäferhund durch die Wohnung sprang, wild hechelte und seine 30 Zentimeter lange, muskulöse Zunge zeigte, lehnte sich jemand zu Johanna und sagte, “Na, nicht schlecht, oder? Da können wir nicht mithalten, oder? Sie gut aus, was?” “Ja,” meinte Johanna, und lächelte scheu. Johanna sah interessiert aus, aber bisher war nichts Erotisches geschehen.
Billy war der einzige, der wirklich Spaß auf der Party hatte. Er war zwei Jahre alt und reinrassig. Tony, ein großer Kerl wie ein Brocken mit einer rauen Stimme, hatte ihn als Welpe für 600 Euro gekauft. Billy war nicht nur ein majestätisches Tier, sondern auch die männlichste, nobelste Kreatur im Raum. Er merkte das, und wir minderwertigen Männchen wurden zu seinem Rudel. Er etablierte seine Alpha-Position auf dem Bett im Zentrum des Zimmers und begutachtete uns. Wir waren alle fette, schielende Affen mit fleckiger Haut – fast alle Raucher und Halb-Alkoholiker. Jedem einzelnen war klar, das jemand schöner und feiner als wir im Raum war. “Wenn ich Doris oder Johanna wäre,” dachte ich, “würde ich auch lieber mit Billy schlafen, als mit einem von uns.” Er hatte nun klargemacht, wem das Bett gehörte, aber er wollte nicht darauf ruhen. Er sprang herum, roch aufgeregt an allen. Die Männer machten kraftlose Scherze – “Er weiß, worum’s geht!” – “Nein, hier nicht! Ich hab nichts für dich!” Es war genau die gleiche Sprache, die man von gewöhnlichen Hundebesitzern kennt, nur eben mit einem perversen Unterton. Sie erfreuten sich daran, zu raten, was Billy gerade dachte, was er jetzt wohl sagen würde, was er wollte. Sie bewunderten ihn. Er war so aufgeregt, dass er auf das Linoleum pisste.
Ich fragte Joachim, ob man einen Hund trainieren musste, um Sex mit einer Frau zu haben. “Nicht viel. Ein paar mal vielleicht, aber nachdem man ihn angeregt hat, übernimmt meistens sein Instinkt.” Das ist wohl wahr – bei vielen Zoophil-Webseiten steht etwas Ähnliches – aber es schien auf Billy nicht zuzutreffen. Tony erzählte, dass die Versuche mit Billy und seiner Freundin bisher nicht erfolgreich gewesen waren. Aber Billy hätte sich daran gewöhnt, masturbiert zu werden. Instinkte hin oder her, es braucht einige Sensibilität, einen Hund dazu zu bringen, mit einem Menschen Sex zu haben. Der Hund muss der Frau wirklich vertrauen, und er muss es auch wollen. Aber Hunde sind ja auch ziemlich zutrauliche Tiere.
Nach ungefähr drei Stunden fing der Sex an. Doris ist rausgegangen und hat ihre Jeans im Badezimmer ausgezogen. Als sie wieder hereinkam, mit nichts außer einem T-Shirt bekleidet, (Hunde haben doch ziemlich scharfe Krallen) wurde alles plötzlich still. Die zwei Videokameras fingen leise an zu surren. Billy pisste wieder auf den Boden. Doris stieg aufs Bett, und Billy sprang gleich an ihre Seite. Sie spielte mit ihm, streichelte ihn, flüsterte in sein Ohr wie eine Mystikerin. Irgendetwas Privates und Schönes spielte sich mitten im Zimmer ab, während wir es lasziv beobachteten, wie lüsterne Zwerge. Doris fasste Billy kaum an, zeigte ihm stattdessen ihren dünnen Körper. Sie ruhte ab und zu, um einen komischen, glückseligen Augenkontakt mit Billy aufzunehmen. Nach einer Weile sagte ihr Mann, wahrscheinlich um Rücksicht auf die Geduld der Gäste zu nehmen, sie solle etwas machen. Sie nahm sanft Billys Penis in die Hand. Sein Rücken wölbte sich, und er poppte ihre Hand kräftig für ein paar Sekunden, bis er sein Gleichgewicht verlor. Sein Penis schob sich aus seinem Fell-Schlauch heraus, Doris drehte sich um, und Billy versuchte sie zu decken. Er stieß völlig gehetzt mehrere Male, drei Sekunden lang, versuchte einzudringen – und fiel herunter. Dieses Ritual – streicheln, flüstern, wichsen, Penetrationsversuche, runterfallen – wiederholte sich ein paar Mal, bis Doris aufgab, ohne Bedauern oder den Hund zu beschimpfen. Die Männer machten auch keine Vorwürfe, obwohl sie offensichtlich enttäuscht waren. Es würde halt nicht eine der wilderen Partys werden. Joachim machte ein paar kennerhafte Bemerkungen zu der “Phase” in der sich Billy gerade befand. Billy guckte etwas verblüfft und sah nun bei weitem nicht mehr so majestätisch aus. Er pisste noch einmal aufs Bett. Tony entschied, dass es Zeit war, Gassi zu gehen.
Joachim schien nicht entgeistert darüber zu sein, dass sich die Party nicht zu einer Orgie entwickelt hatte. Er fing wieder an zu erzählen. Harald wechselte die Laken. Dann meinte Joachim plötzlich, dass Tony den Billy wahrscheinlich schlage. “Er hat viel zu viel Angst vor seinem Herrchen,” meinte er. Auch Doris, die sich inzwischen wieder angezogen hatte, meinte: “Da ist irgendwas nicht koscher.” Thorsten fand das auch. Ich hatte gar nichts gemerkt, außer dass auf einmal die Temperatur im Raum deutlich gefallen war.
Es gab nicht mehr viel zu tun, außer Geschichten zu erzählen. Joachim erzählte, wie sein Sohn herausgefunden hatte, dass er und Doris “Zoo” waren. In der Schule hat der 17-Jährige die Namen seiner Eltern gegooglet und fand eine Webseite mit den ganzen Bildern. Sie gestanden ihm alles, und er war völlig außer sich. Dann erzählte er es seinen Freunden, und kaum vier Wochen später brachte er ein Mädchen mit nach Hause, die es auch probieren wollte. Das ist, woran Joachim und Doris glauben: dass wenn man den Geist von Zoophilie einmal herauslässt, entdecken alle ihre Zoo-Seite. Es braucht nur einer, der es zugibt.
Ich habe viel über Zoophile gelernt auf dieser kleinen Party. Was auch immer du vielleicht gegen sie hast – du denkst vielleicht, sie sind irgendwie pervers und unmoralisch – sie wissen viel über Hunde. Und sie lieben sie.